EhrenGarde | Sessionsbuch 2020
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barer Abend“. Hellauf begeistert ist die
stilvolle Dame, dass Martin Schopps trotz
Bandscheibenproblemen auf der Bühne
ist. „Ich habe auch Bandscheibe“, erklärt
die muntere Endsiebzigerin, „und Hüfte,
aber deswegen großartig jammern... ?
Nein! Ich bin hier – genau wie Herr
Schopps.“ Und der erhält für seinen hinreißenden
Beitrag Tusch, Alaaf , Rakete.
Seit 2008 tummelt sich auf den Fastelovendsbühnen
der „maximalpigmentierte“
Dave Davis in der Rolle des Klobürste-schwingenden
Toilettenmannes Motombo.
Er analysiert den Rheinländer, der so ganz
anders als Restdeutschland ist. Den Rheinländer
zeichnet seine sagenhafte Gelassenheit
aus – der in Fleisch und Blut
überg egangene §2 des Kölschen Grundgesetzes
„Et kütt, wie et kütt“. Die Musiker
Jörg P. Weber und Stefan Knittler debütieren
am heutigen Abend bei der EG.
Während Weber Kölsche Krätzjer mit einem
Schuss Blues und Rock `n´Roll versieht,
verpackt Stefan Knittler seine
Kompositionen in ruhigere, gefühlvolle
Rhythmen. Gemeinsam ist ihnen die heimatlastige
Musik und die eigene Interpretation
vom „Kölschen Jung“. Kölsche
Jungs en masse bieten die Roten Funken,
das älteste Traditionskorps. Mit imposanter
schier nicht enden wollender Wache
ziehen sie auf und veranlassen Sitzungsgast
Katja zur Mutmaßung: „Ich glaube,
als der erste Funk die Bühne betrat, hat
sich der letzte an der Ulrepforte erst in
Bewegung gesetzt.“ Diese urkölsche Gesellschaft
verzaubert mit Musikalität und
ebnet den Weg für das Dreigestirn, das
bei einer Sitzung op Kölsch obligatorisch
ist. Diejenigen, die sich etwas Nostalgisches
bei diesem neuen Sitzungsformat
erhofft haben, bekommen ein Relikt aus
der guten alten Zeit geliefert: das Loch.
Die Höhner verspäten sich und wie anno
pief müssen Saalkapelle und Publikum
die Zeit zum nächsten Auftritt überbrücken.
Dann allerdings sind die Begeisterungsstürme
für die Höhner dezibelstark.
Der Band gelingt es, nicht nur die Welt,
sondern auch den Sartory anzuhalten
und erst zum verabredeten Stichwort
weiter tanzen zu lassen. „Es ist nicht einfach
für Redner wie Guido Cantz und
Martin Schopps nach so einem act aufzutreten.
Beide haben die grassierende
Handy-Besessenheit thematisiert. Das
finden wir gut. Es ist überaus respektlos,
ins Handy vertieft zu sein und nicht mitzubekommen,
was sich auf der Bühne
tut“, kritisiert ein kompletter Tisch und
wünscht sich jetzt mehr Achtsamkeit für
die Aufführung der Höppemötzjer. Bereits
51 Jahre alt und seit 2018 als eigenständige
Tanzgruppe unterwegs, lassen sie
keinen Zweifel an ihrer Beweglichkeit.
Und irgendwann in den frühen Morgenstunden
muss das Publikum zeigen, was
es konditionell zu bieten hat, denn Querbeat
bricht über den Sartory herein. Wie
war denn nun die neue Veranstaltung?
Sie hat jedenfalls die Vorliebe des Kölner
bestätigt, der „sowohl – als auch“ dem
„entweder – oder“ vorzieht.
Denn diese Sitzung war sowohl mit
Kölsch, als auch op Kölsch!